Zur Person:

Herr Dr. med. Kittel ist Hals-, Nasen-, Ohrenfacharzt und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde. In seiner “HNO-Praxis am Schloss” in Erlangen ist er mit modernster diagnostischer Technik und umfassendem therapeutischen Leistungsspektrum tätig.

Guten Tag Herr Dr. med. Kittel, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für unsere Fragen nehmen.

Herr. Dr. med. Kittel, vermutlich behandeln Sie beinahe täglich Patient:innen in Ihrer Praxis, die über Halsschmerzen klagen. Was sind die häufigsten Auslöser für diese Beschwerden?


Für akute Halsschmerzen sind vor allem virale Infekte, ausgelöst durch verschiedene Erkältungsviren, verantwortlich. Das ist eindeutig. Die wenigsten Infekte sind von Anfang an (also primär) bakteriell.
Jedoch kann eine virale Infektion umschlagen in eine bakterielle. Das Virus bewirkt Vorschäden an der Schleimhaut, auf welche sich dann Bakterien setzen (Super- oder Sekundärinfektion genannt). Das kann beispielsweise bei Rachen- oder Nasennebenhöhlenentzündungen der Fall sein.

Welche Behandlung empfehlen Sie zur schnellen Symptomlinderung bei Halsschmerzen?


Ich empfehle, schon bei beginnenden leichten Halsschmerzen, freiverkäufliches Ibuprofen einzunehmen (für Erwachsene beispielsweise 3x täglich 400 mg). Das hilft gegen die Schmerzen, die Schwellung und die Entzündung im Rachen. Kombiniert werden sollte das Ganze mit Hals-Lutschtabletten, Spray oder Gurgellösungen. So kann auch verhindert werden, dass sich etwas Bakterielles auf die virale Infektion setzt. All diese Mittel sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich.

Wie sinnvoll ist der Einsatz von Antibiotika bei Halsschmerzen?


Wenn die genannten Maßnahmen (entzündungshemmende Schmerzmittel und Hals-Lutschtabletten) nicht helfen, also sich zum Beispiel nach 3 Tagen immer noch nichts gebessert hat, dann sollten Patient:innen zum Arzt gehen und dann kann eventuell auch ein Antibiotikum sinnvoll sein. Da jedoch weder die Schmerzen noch die Schwellung oder Entzündung durch das Antibiotikum gelindert werden, muss eine Kombinationstherapie stattfinden. Das bedeutet, dass zusätzlich zum Antibiotikum weiterhin ein entzündungshemmendes Schmerzmittel (zum Beispiel Ibuprofen) und Hals-Lutschtabletten eingenommen werden müssen. Das Antibiotikum ist nur ein Baustein der Therapie, selbst bei einem bakteriellen Infekt.

Was können Sie als behandelnder Arzt tun, um festzustellen, ob ein Antibiotikum zum Einsatz kommen sollte?


In der Regel verlässt der Arzt sich auf seine klinische Erfahrung und benötigt keinen Abstrich. Bei minimaler Rötung des Halses (mit Auge oder Endoskop erkennbar) ist der Infekt meist nur viral. Kommen massive Schwellungen und/oder eitriger Belag dazu, ist die bakterielle Beteiligung eindeutig.
Die Hauptkeime bei einer bakteriellen Rachenentzündung sind in der Regel Streptokokken (manchmal auch andere Bakterien). Streptokokken werden durch Antibiotika wie Penicilline zuverlässig abgetötet. Zeigt ein Antibiotikum keine Wirkung, kann ein Abstrich aber durchaus sinnvoll sein.

Welche Risiken oder Nebenwirkungen sind mit der unnötigen Verwendung von Antibiotika verbunden, insbesondere für die Patienten selbst?


Bei der Einnahme von Antibiotika können grundsätzlich alle möglichen Medikamentennebenwirkungen auftreten. Die häufigsten Beschwerden sind jedoch Magen-Darm-Probleme (vor allem Durchfall), Hautreaktionen und Allergien (wie eine Penicillinallergie). Zudem steigt das Risiko einer Resistenzbildung, wenn unnötigerweise ständig Antibiotika verschrieben werden.

Vielen Dank für das spannende Interview, Herr Dr. med. Kittel!

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Jana Welsner Zellfunktionen, Organsysteme und Krankheitsbilder – schon lange bevor Jana Welsner ihre Leidenschaft für das Schreiben entdeckte, zog die Funktionsweise des menschlichen Körpers sie in ihren Bann. Nach einer Ausbildung zur Sanitätshelferin und dem Studium des vorklinischen Abschnitts der Humanmedizin entschloss sie sich, Interesse und Leidenschaft zu kombinieren. Seit 2017 arbeitet sie nun bei kanyo® und beschäftigt sich dabei täglich mit dem weiten und spannenden Feld der Gesundheitslehre und Heilkunde. Jana Welsner Medizinredakteurin und Lebensmitteltechnologin kanyo® mehr erfahren