Patienten verlangen bei Halsschmerzen oft Antibiotika


Halsschmerzen gehören zu den verbreitetsten gesundheitlichen Beschwerden und stehen in Deutschland an 6. Stelle der am häufigsten von Hausärzten behandelten Symptome.1 Die Beschwerdedauer bei Halsschmerzen beträgt in der Regel etwa 1 Woche – die Symptome halten meist zwischen 2 und 7 Tagen an.1 

Patienten, die mit Halsschmerzen zum Arzt gehen, bitten häufig schon von sich aus um die Verschreibung von Antibiotika. Dahinter steckt in der Regel schlicht der Wunsch nach schneller Schmerzlinderung – dieses Bedürfnis können Antibiotika jedoch nicht befriedigen, da sie keinen unmittelbar schmerzlindernden Effekt aufweisen.2,3 Dennoch erhalten über 60 Prozent der Halsschmerz-Patienten Antibiotika.1 

Wichtig zu wissen:

Antibiotika sind nur gegen Bakterien wirksam. Bei Virus-Erkrankungen zeigen sie keine Wirkung. Bakterielle Ursachen sind für Halsschmerzen jedoch eher selten.1 Über 80 Prozent der Fälle werden durch verschiedene Arten von Viren ausgelöst.4

Ein Grund für die übermäßige Verwendung von Antibiotika bei Halsschmerzen könnte in der falschen Vorstellung liegen, dass sie auch gegen Viren wirksam sind. In Deutschland denken das laut einer Umfrage 47 Prozent der Menschen.5

Warum sind Antibiotika bei Halsschmerzen nicht sinnvoll?


Die häufigste infektbedingte Ursache von Halsschmerzen sind virale Rachenentzündungen (Pharyngitis) und Mandelentzündungen (Tonsillitis oder Angina). Antibiotika sind bei Halsschmerzen deshalb oft nicht die geeignete Behandlungsoption. Ein großer Teil der mild verlaufenden Halsentzündungen tritt im Rahmen von Erkältungskrankheiten auf – die Ursache liegt hier in bis zu 50 Prozent der Fälle bei Rhino- und Coronaviren, aber auch Adeno- und Influenzaviren sind möglich.1 

Bakterielle Erreger einer Halsentzündung kommen bei Erwachsenen in nur etwa 5 bis 10 Prozent der Fälle vor, bei Kindern sind es mit 15 bis 30 Prozent etwas mehr.1 Am häufigsten handelt es sich dann um Gruppe-A-Streptokokken (GAS). Doch selbst bei bakteriell bedingten Halsschmerzen sind gefährliche Komplikationen in Deutschland äußerst selten. Das bedeutet, dass sowohl virale als auch bakterielle Halsschmerzen im Allgemeinen keine generelle Indikation für die Verschreibung von Antibiotika darstellen. 

Unabhängig von einer Therapie mit Antibiotika halten Halsschmerzen im Durchschnitt etwa 1 Woche an.1 Dauern die Beschwerden über mehr als 14 Tage lang an, wird eine infektiöse Ursache immer unwahrscheinlicher – insbesondere wenn keine zusätzlichen Symptome auftreten. Dann steckt hinter den Halsschmerzen vermutlich einer der folgenden Aspekte: 

  • Zigarettenrauch (aktiv oder passiv) 
  • Schnarchen 
  • Fehl- und Überbelastung der Stimme 
  • Reflux-Erkrankung 
  • tracheale Intubation (postoperative Halsschmerzen) 
  • Schilddrüsenerkrankungen 
  • Nebenwirkungen bestimmter Medikamente 

Das generelle Ziel der symptomatischen Therapie bei akuten Halsschmerzen besteht darin, die Krankheitssymptome zu lindern. Das gilt es jedoch abzuwiegen gegen die potenziellen Risiken einer Antibiotika-Gabe. 

Studien zeigen außerdem, dass Antibiotika bei bakterieller Mandelentzündung oder Rachenentzündung die Dauer von Symptomen wie Halsschmerzen, Fieber und Kopfschmerzen nur gering bis mäßig verkürzen – lediglich um bis zu 16 Stunden.1 Es zeigte sich, dass auch ohne antibiotische Behandlung die Beschwerden am 3. Krankheitstag bei 40 Prozent der Patienten vorüber waren – am 7. Tag bereits bei 85 Prozent.1

Mögliche Folgen von unnötiger Antibiotikagabe bei Halsschmerzen


Die unnötige Gabe von Antibiotika bei Halsschmerzen kann schwerwiegende Folgen haben. Zu möglichen Risiken und Nebenwirkungen der antibiotischen Therapie gehören beispielsweise 

  • allergische Reaktionen bei 1 bis 10 Prozent der Patienten und 
  • Durchfälle bei 2,5 bis 25 Prozent der Patienten (je nach verabreichtem Antibiotikum).1 

Die bedeutendste Sorge besteht jedoch in der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen

Die Verwendung von Antibiotika beeinflusst nicht nur die Bakterienflora des betroffenen Patienten, sondern kann auch die Entwicklung resistenter Keime fördern. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, vor der Verschreibung von Antibiotika gegen Halsschmerzen das individuelle Nutzen-Risiko-Verhältnis sorgfältig abzuwägen. Überflüssige Antibiotikabehandlungen können dazu führen, dass lebenswichtige Antibiotika in Zukunft ihre Wirksamkeit verlieren. Besonders problematisch wird das, wenn sie wirklich benötigt werden, um bedrohliche Infektionen zu bekämpfen. 

Bessere Alternativen zur Behandlung bei Halsschmerzen


Es gibt effektivere Möglichkeiten zur Behandlung von Halsentzündungen, bei denen keine unnötigen Antibiotika zum Einsatz kommen müssen. Medikamentöse Lutschtabletten und Halssprays können zum Beispiel bei der Linderung von Symptomen helfen. Deren Wirkstoff setzt direkt schmerzlindernd im Rachen an.

Auch nicht-medikamentöse Lutschtabletten eignen sich zur Unterstützung. Sie regen die Speichelproduktion an, was ebenfalls einen schmerzlindernden Effekt hat. Das Gleiche gilt, wenn Menthol, Salbei oder Thymian enthalten ist. 

Für die kurzzeitige symptomatische Therapie von Halsschmerzen können Sie außerdem Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Naproxen verwenden. Weitere Maßnahmen des Selbstmanagements sind häufig ebenfalls hilfreich. Dazu gehören: 

  • ausreichend trinken 
  • Körper schonen 
  • aktiven und passiven Tabakkonsum vermeiden 
  • Fieber mit Wadenwickeln senken 
Illustrative Darstellung der Behandlung von Halsschmerzen

Wichtig:

Für naturheilkundliche Präparate oder Homöopathika zur Behandlung von Halsschmerzen gibt es keine gesicherten Wirkungsnachweise. In kontrollierten Therapiestudien zeigte sich, dass auch bei 30 bis 40 Prozent der Placebo-Patienten nach 3 Tagen die Halsschmerzen abgeklungen und etwa 85 Prozent fieberfrei waren.1 Nach 1 Woche hatten 80 bis 90 Prozent der Patienten keine Beschwerden mehr.1

Wann sind Antibiotika bei Halsschmerzen sinnvoll?


Die Verwendung von Antibiotika gegen Halsschmerzen ist nur in speziellen Fällen bei bakteriellen Infektionen sinnvoll. Wenn der Arzt zu dem Schluss kommt, dass eine antibiotische Behandlung notwendig ist, dann liegt das Hauptziel in der Verkürzung der Dauer der Krankheitssymptome und nicht in der Vermeidung von Komplikationen.  

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass Antibiotika nicht routinemäßig bei Halsschmerzen verschrieben werden sollten, da die meisten Fälle viralen Ursprungs sind. Hier zeigen Antibiotika keine Wirkung. Die Entscheidung zur Antibiotikatherapie sollte immer der behandelnde Arzt treffen, der den individuellen Fall bewertet.

FAQs: Häufige Fragen und Antworten zu Antibiotika bei Halsschmerzen


Warum werden Antibiotika bei Halsschmerzen in vielen Fällen nicht empfohlen?

Häufig lösen Viren Halsschmerzen aus. Gegen virale Infektionen sind Antibiotika jedoch wirkungslos. Auch bei bakteriellen Auslösern sind Antibiotika nicht immer sinnvoll, da sie Nebenwirkungen verursachen und die Entstehung von Antibiotikaresistenzen fördern können.

Gibt es Situationen, in denen Antibiotika bei Halsschmerzen dennoch infrage kommen?

Ja, in einigen Fällen, in denen die Symptome schwerwiegend sind und eine bakterielle Infektion vermutet wird, können Antibiotika hilfreich sein. Das Hauptziel ist jedoch die Verkürzung der Symptomdauer, nicht die Vermeidung von Komplikationen.

Welche geeigneteren Alternativen gibt es zur Behandlung von Halsschmerzen mit Antibiotika?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Linderung von Halsschmerzen, beispielsweise nicht-medikamentöse und medikamentöse Lutschtabletten oder Sprays. Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Naproxen können ebenfalls nützlich sein. Selbstmanagement-Maßnahmen wie ausreichende Flüssigkeitszufuhr und körperliche Schonung tun zusätzlich gut.

Welche Risiken birgt die unnötige Verwendung von Antibiotika bei Halsschmerzen?

Die unnötige Einnahme von Antibiotika bei Halsschmerzen kann zu Nebenwirkungen wie allergischen Reaktionen und Durchfällen führen. Darüber hinaus trägt sie zur Entwicklung von Antibiotikaresistenzen bei, was die Wirksamkeit dieser Medikamente bei schweren bakteriellen Infektionen beeinträchtigt.

Was sollte ich tun, wenn meine Halsschmerzen trotz Antibiotika nicht weggehen?

Wenn Ihre Halsschmerzen trotz Antibiotika anhalten, sollten Sie umgehend Ihren Arzt aufsuchen. Das könnte auf eine unzureichende Antibiotikabehandlung oder eine andere Ursache hinweisen, die weitere Untersuchungen erfordert. Das eigenmächtige Absetzen von Antibiotika ist nicht empfehlenswert.

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Theresa Fröh Lesen und Schreiben konnte sie bereits vor der Einschulung – kein Wunder also, dass Theresa Fröh sich für ein sprachwissenschaftliches Studium entschied. Nach dem Abschluss als Übersetzerin entdeckte sie endlich auch das Schreiben und die Leidenschaft für medizinische Themen für sich. Seit 2020 kann sie beides bei ihrer Tätigkeit in der kanyo®-Redaktion vereinen. Theresa Fröh Medizinredakteurin und Konzepterin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen
  • 1Halsschmerzen S3-Leitlinie. AWMF-Register-Nr. 053-010, DEGAM-Leitlinie Nr. 14, 2020.
  • 2Kenealy, Tim, und Bruce Arroll. „Antibiotics for the Common Cold and Acute Purulent Rhinitis“. Cochrane Database of Systematic Reviews, Nr. 6, 2013, S. CD000247, doi:10.1002/14651858.CD000247.pub3.
  • 3Shepard, A. Poster präsentiert auf dem 23. European Congress of Clinical Microbiology and Infectious Diseases, 27.-30. 2013.
  • 4Ebell, Mark H. „Does This Patient Have Strep Throat?“ JAMA: The Journal of the American Medical Association, Bd. 284, Nr. 22, 2000, S. 2912, doi:10.1001/jama.284.22.2912.
  • 5Harris Interactive, Reckitt, 2022, n=1000.